Fotovoltaik und Power-to-Gas, ein gutes Paar
Gastbeitrag von Nikolaus v. Seemann*
Die Solargenossenschaft engagiert sich seit drei Jahrzehnten für die erneuerbaren Energien. Dank eines derzeit rasant voranschreitenden Ausbaus der Fotovoltaik kommt immer mehr auch die Frage der Speicherung überschüssiger Energie auf und aus diesem Grund finden auch Batterien immer mehr Verbreitung. Sie bieten aber vor allem kurzfristige Speichermöglichkeiten und in diesem Zusammenhang wird künftig das Elektroauto eine wichtige Rolle spielen. Für grosse Energiemengen und lange, saisonale Speicherung braucht es Alternativen. Diesen haftet der Nachteil an, dass sie sehr viel Energie benötigen, die wir im Moment noch nicht haben. Aber mit zunehmenden Überschüssen insbesondere im Sommerhalbjahr wird dies in absehbarer Zukunft sicher zu einem wichtigen Thema.
Im Gastbeitrag zeigt Nikolaus v. Seemann auf, welche Rolle Power-to-Gas bei der Energiespeicherung spielen kann und stellt dabei einen Bezug zur Situation in Liechtenstein her.
Die Fotovoltaik ist eine grossartige Technologie zur Energiegewinnung, die sich rasch global ausbreitet. Die Vorteile der Fotovoltaik sind dabei deren Langlebigkeit, annähernde Wartungsfreiheit, Wegfall jeglicher beweglicher Teile, günstige Verfügbarkeit etc. Vor allem zeichnet sich die Fotovoltaik aber durch deren breite Akzeptanz in der Bevölkerung und deren günstigen CO2-Fussabdruck aus. Nebst diesen vielen unbestrittenen Vorteilen haftet der fotovoltaischen Energiegewinnung jedoch der Nachteil der Volatilität der Verfügbarkeit der von ihr produzierten Energie an. Dieser Artikel soll am Beispiel von Liechtenstein zeigen, wie mit volatilen Energiequellen wie Fotovoltaik dennoch ein sicheres und unterbrechungsfreies Energiesystem geschaffen werden kann.
Unterbrüche in der Verfügbarkeit der Energie von Fotovoltaik-Anlagen lassen sich nach deren zeitlicher Dauer in drei Kategorien einteilen: stundenweise (z.B. Tag-Nacht), tageweise (z.B. wetterbedingte) und saisonale (Sommer/Winter) Schwankungen. Um trotz dieser Schwankungen die unterbrechungsfreie Verfügbarkeit von Energie sicherzustellen, bedarf es zwingend einer Überschussproduktion zu produktiven Zeiten und einer den obigen Arten von Schwankungen gerecht werdenden Speicherung dieser Überschussenergie.
Power-to-Gas-Anlage Werlte (Quelle: ETOGAS, Audi)
Bei der Beurteilung der Speicherungstechnologie muss nebst der Speicherleistung (d.h. welche Menge an Energie pro Zeit eingespeichert werden soll), die Speicherkapazität (d.h. wieviel Energie gespeichert werden soll) und die Speicherdauer in Betracht gezogen werden. Es ist die Umschlagshäufigkeit des Speichers, die massgeblich bestimmt wie teuer Strom z.B. aus einer Batterie ist: Wenn eine Batterie täglich geladen und entladen wird, dann fliesst viel und somit leistbarer Strom – aber wenn Strom aus einer einzigen Entladung im Jahr die gesamten Fixkosten (Abschreibungen) der Batterie zahlen soll, dann wird der Speicherstrom unerschwinglich. Unter diesen Gesichtspunkten lassen sich für saisonale Speicherung geeignete Technologien erkennen.
Europa hat (sogar mit Bezug auf den noch hohen heutigen Bedarf) Gasspeicher für drei Monate, jedoch Stromspeicher für nur 8 Minuten. Für den Ausgleich wochenweiser oder gar saisonaler Schwankungen bietet sich also Gas als speicherbarer Energieträger an. Mit der Power-to-Gas (PtG) Technologie ist eine Umwandlung von Strom zu Gas möglich, somit kann Sonnenenergie aus dem Sommer für den Winter eingelagert werden.
Die chemische Reaktion für Power-to-Gas wurde bereits vor hundert Jahren von Paul Sabatier entdeckt, der dafür im Jahr 1912 den Nobelpreis erhielt. Sie ist eine der fundamentalen Grundlagen der gesamten Petrochemie:
Technisch wurde das Konzept bereits vor zehn Jahren umgesetzt. (s. PtG Anlage Werlte)
Das derart auch in Liechtenstein erzeugbare Gas könnte beispielsweise bilanziell im Netz der Nachbarstaaten oder in bestehenden unterirdischen Speichern (z.B. in Österreich, wo die derzeitige Gasreserve eingelagert ist) gespeichert werden. Bei Bedarf (d.h. zu Zeiten «dunkler Flaute») wird dann das zuvor CO2-neutral synthetisch hergestellte Methan (Synthetic Natural Gas, SNG) über ein Liechtensteinisches Heizkraftwerk wieder zurückverstromt und stellt so die stetige Verfügbarkeit von Strom im Land sicher – und zusätzlich kann ein Teil der Abwärme im Liechtensteinischen Fernwärmenetz genutzt werden.
Die Kosten einer PtG-Anlage hängen massgeblich von der Grösse der zu verarbeitenden Stromleistung ab. Durch einen geeigneten Mix an nachhaltigen Primärenergiequellen könnte die erforderliche Leistungsgrösse in Liechtenstein minimiert werden. Das für die Anlage nötige CO2 liesse sich in Liechtenstein am einfachsten aus einer Biogasanlage und/oder dem Abgas der Kehrichtverbrennungsanlage Buchs entnehmen.
Power-to-Gas als zentraler Baustein zur Langzeitspeicherung ermöglicht es somit, die erneuerbaren Energiequellen weiter auszubauen und deren schwankende Stromerzeugung im Energiesystem zu integrieren. Die Stromkosten aus einer solchen nachhaltigen Versorgung aus eigenen regionalen Ressourcen wären für Liechtenstein schon heute deutlich niedriger und auch sicherer als der derzeitige Bezug von Strom und Gas von ausländischen Märkten, die einerseits durch politische Markteingriffe und andererseits durch globale Konflikte dysfunktional und schwer berechenbar geworden sind.
*Nikolaus v. Seemann (Dr. Ing.ETH, MBA HEC) ist Liechtensteiner und lebt in Triesen. Er war als Unternehmer und Beirat bei Solar- Fuel/Etogas beteiligt, welche die ersten PtG Anlagen der Welt erbaut hatten. Arbeitet an einer nachhaltigen Energielösung für Liechtenstein und ist als Wissenschaftler tätig (Gravitationsphysik, Kosmologie).